11.04.25

„50 Jahre Galoppsport“ – Ein Interview mit Tony Potters

Interview mit Tony Potters, geführt von Thorsten Castle
(Interview transkribiert, zum Original-Video-Interview geht es hier)

Castle:
Ein besonderer Anlass: Wir sind heute bei Tony Potters zu Gast – einem Mann, den viele aus Livestreams kennen und der seit 50 Jahren eine feste Größe im deutschen Galopprennsport ist. Herr Potters, erstmal: Herzlichen Glückwunsch! Was bedeutet Ihnen dieses Jubiläum?

Potters:
Da war alles dabei – Höhen und Tiefen. Aber ich würde mein Leben genauso noch einmal leben. Die Arbeit mit Vollblütern war und ist meine Erfüllung – das ist einfach mein Leben.

Tony Potters
Kategorie: Rennbahn-Talk
Ihre Mutter ist 92 – und schaut noch regelmäßig Ihre Rennen

Natürlich. Ich wohne jetzt ganz in der Nähe, nur 20 Kilometer entfernt. Wenn sie sagt: „Jung, das Essen ist fertig“, dann bin ich da. Sie hält sich fit, läuft jeden Tag mit dem Rollator und steht abends sogar noch im Restaurant meiner Schwester hinter der Theke – da nennen sie sie „Queen Mum“. Beeindruckend, oder?

Der Schritt zurück aus der Selbstständigkeit: 2023 war ein starkes Jahr für Sie als selbstständiger Trainer – 21 Siege. Warum dann der Abschied

Corona hat alles verändert. Viele Besitzer sprangen ab, Zahlungen blieben aus. Ich war Trainer, Fahrer, Buchhalter – alles in einer Person. Ich war Tag und Nacht unterwegs und kam trotzdem nicht mehr über die Runden. Und dann kam Herr Massad in Baden-Baden auf mich zu. Er suchte jemanden mit Erfahrung – und bot mir eine Position in Kevelaer an. Ich habe mir die Anlage angesehen und war sofort begeistert.

Sie bezeichnen Kevelaer als „Pferdeparadies“ – was macht die Anlage so besonders

Es gibt dort wirklich alles: Höhenluftkammer, Stoßwellentherapie, eine Eismaschine für die Beine der Pferde, zwei Laufbänder – bald auch eins für Galoppgeschwindigkeit – und eine Solekammer. Ein Schwimmbad kommt noch. Für deutsche Verhältnisse ist das einmalig.

Wie hat bei Ihnen eigentlich alles angefangen

1974 wollte ich Bauzeichner werden – hatte sogar schon ein Praktikum absolviert. Dann kam die Ölkrise und die Firma ging pleite. Also ging ich zum Arbeitsamt. Ich wog unter 40 Kilo – da meinte man: „Werden Sie Jockey!“ Ich bekam die Adresse vom Direktorium, bewarb mich und kam zu Reiner Werning. Später ging es zu Paul Schleske – ein harter Kerl, aber ein großartiger Lehrer.

Und dann folgten viele Stationen

Ja, ich war bei Bruno Schütz, Theo Grieper, Mario Hofer, Peter Ostmann – immer in zweiter Reihe, aber ich habe viel gelernt. Dann kam der Wunsch nach etwas Eigenem: Ich gründete eine Reha-Station. Innerhalb eines Jahres war sie die größte in Nordrhein-Westfalen, mit Pferden von allen großen Trainern. Später war ich kurz Racing Manager bei Ostermann, dann bei Andreas Wöhler als Assistenztrainer. Danach kam die Station bei Familie Jörgensen – dort hatten wir mit Forgino und Techno Queen tolle Erfolge. Leider verstarb Herr Jörgensen – er war wie ein Vater für mich.

Und dann kamen neue Herausforderungen

Richtig. Nach dem Aus bei Jörgensen bin ich mit meiner Tochter nach Bremen gezogen. Ich wollte sie nicht allein lassen. Ich hatte schnell wieder 30 Pferde – aber dann kam Corona. Die wirtschaftliche Belastung war nicht mehr tragbar. Und dann – wieder ein Zufall – kam Herr Massad. Und so bin ich jetzt in Kevelaer.

Marissa Potters – Tochter, Reiterin, Hoffnungsträgerin: Ihre Tochter Marissa ist inzwischen selbst im Rennsattel – wie sehen Sie ihre Entwicklung

Ich bin stolz. Sie hatte anfangs einen Sturz, der sie zurückgeworfen hat. Aber sie hat Mut gefasst. Sie ist ehrgeizig – manchmal zu sehr. Aber sie lernt. Ich wünsche ihr Gesundheit, Erfolge und dass sie auch Ritte außerhalb der Familie bekommt.

Prinzipien, Freundschaften und Pferde: Ihr Schwiegervater, Trainer Hesse – auch ein wichtiger Mensch für Sie

Ja, absolut. Hart, ehrlich, loyal – Eigenschaften, die ich sehr schätze und die auch mich geprägt haben.

Gibt es echte Freundschaften im Rennsport

Ein paar. Andy Tribull zum Beispiel. Aber viele „Freundschaften“ entpuppen sich als oberflächlich. Echte Freunde sind selten – aber dafür umso wertvoller.

Fokus, Emotionen und Stallgeheimnisse: Sie wirken voller Energie. Kommt das durch den Tapetenwechsel

Ganz klar. Kein wirtschaftlicher Druck, tolle Bedingungen, und ich kann mich wieder voll auf die Pferde konzentrieren. Das ist mein Leben.

Und wenn ein Jockey mal nicht so reitet wie geplant

Dann kann ich auch mal explodieren. Ich bin eigentlich ruhig – aber wenn man ein Pferd monatelang vorbereitet und es dann in zwei Minuten verbockt wird, dann platzt mir der Kragen. Zwei Tage später ist’s wieder gut.

Erfolge, Zukunft und ein Schinkenbrot: Was war Ihr schönster Karrieremoment

Gruppe-2-Sieg in Hannover mit Sir Oscar – wir haben damals ein Pferd von Sir Michael Stoute geschlagen. Und natürlich Forgino am Tag der Deutschen Einheit in Köln, mit Nationalhymne – Gänsehaut!

Wie lange machen Sie noch weiter

Solange ich fit bin. Vielleicht nicht bis 100 – aber einige Jahre noch ganz bestimmt.

Ein letzter Wunsch

Ich wünsche mir für Marissa Gesundheit, gute Ritte – und wenn mir jemand eine Freude machen will, dann bringt mir bitte ein Schinkenbrot. (lacht)

Herr Potters, vielen Dank für dieses Gespräch – und auf viele weitere Jahre mit Ihnen im Rennsport

Vielen Dank, Herr Castle – und danke an mein Team, ohne das nichts geht.

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